Ausbildung in Wales, Schottland & England
Bereits ab Mitte November 1942 erfolgte ein dreiwöchiger intensiver Aufenthalt im Commando Training Depot in Achnacarry, wo im Laufe des Kriegs insgesamt rund 25.000 Kommandosoldaten ausgebildet wurden. Nach der Rückkehr nach Wales hatte Hilton-Jones großes Vergnügen daran, seine Schützlinge wieder auf den Gipfel des Snowdon zu scheuchen oder zum Tagesabschluss noch durch das Hafenbecken von Aberdyfi schwimmen zu lassen, auch im Winter und gelegentlich mit voller Ausrüstung. Die Märsche inklusive Sprints mit vollem Gepäck führten die Männer zum Teil an die Grenzen ihrer Belastbarkeit und angeblich auch dazu, dass viele von ihnen Alkohol und vor allem Tabak entsagten, um bessere körperliche Leistungen erbringen zu können. Unfälle und Verletzungen waren durchaus an der Tagesordnung, allerdings forderte der „Skipper“, wie Hilton-Jones von den Männern genannt wurde, laut seinem Wiener Schützling Peter Masters niemals etwas ein, was er nicht selbst vorgezeigt hatte, und erfreute sich großer Bewunderung und Beliebtheit. Allerdings waren es nicht nur Hilton-Jones und seine Offiziere bzw. Angehöriger anderer Commandos, die als Ausbilder fungierten; auch die Männer des Trupps selbst wechselten gelegentlich die Seiten. Fred Gray alias Manfred Gans aus Deutschland wurde bald nach seiner Ankunft in Aberdyfi an die Cambridge University geschickt, um dort einen nachrichtendienstlichen Kurs zu besuchen, und unterrichte nach seiner Rückkehr seine Kameraden. Geoff Broadman alias Gottfried Konrad Sruh, ebenfalls gebürtiger Wiener und Judoka, kümmerte sich wiederrum mit einigen anderen um das Fach Nahkampf.
Nach etwas über einem halben Jahr in Aberdyfi, wo heute ein Denkmal für ihn steht, hieß es für den No. 3 Troop, der mittlerweile seine Gesamtstärke von 87 Mann erreicht hatte, in den letzten Maitagen des Jahres 1943 Abschied nehmen von der walisischen Idylle. Für die weitere Ausbildung wurde er – bis auf eine kleine Gruppe, die bereits den Marschbefehl an den mediterranen Kriegsschauplatz erhalten hatte – nach Eastbourne in Südengland verlegt, was vermutlich nicht bei allen auf grenzenlose Begeisterung stieß. Zwar war für nahezu alle Soldaten das Motiv für die Meldung zu den Commandos die Aussicht gewesen, auf diese Weise bald gegen Hitler kämpfen zu können und so auch Rache für Vertreibung und erfahrene Gewalt zu nehmen. Dennoch hatten sich trotz der anfänglichen Skepsis der Bevölkerung teils enge Beziehungen mit dieser entwickelt, die sich zum Beispiel in regelmäßigen wöchentlichen Tanzabenden im Gemeindezentrum manifestierten. Bei Max Laddy alias Werner Max Lewinsky, angeblich ein Enkel des Wiener Burgschauspielers Josef Lewinsky, und Richard Tennant reichten sie sogar bis zur Eheschließung mit Frauen aus dem Ort.
In Eastbourne wurde die Ausbildung fortgesetzt und die im Vergleich mit Wales anderen topografischen Gegebenheiten im Süden Englands boten gute Rahmenbedingungen für Trainingseinheiten zu Orientierung oder Infiltration, wobei ein besonderer Fokus auf nachrichtendienstliche Lektionen gelegt wurde. Zudem erhielten die Soldaten die Gelegenheit, andere Truppenteile wie Panzer-, Panzerabwehr- oder Feldartillerieverbände zu besuchen und sich an den Stränden im Gebrauch von Landungsbooten (siehe dafür etwa einen Trainingsfilm des No. 4 Commando) oder im Klippenklettern zu üben. Doch falls die Verlegung an die Südküste bei manchen die Hoffnung geweckt hatte, dass der tatsächliche Einsatz bald bevorstand, erfüllte sich diese (noch) nicht. Zwar wurden vereinzelt Männer zwischenzeitlich an andere Einheiten „verliehen“ – so sollen zum Beispiel die Wiener Peter Terry (Joseph Tischler) und Ernest Webster (Ernst Weinberger) an der französischen Küste gelandet sein, einen Koffer von vermutlich Angehörigen der Résistance übernommen und diesen zurück nach England gebracht haben –, doch änderte sich der Alltag für den Großteil erst, als die Einheit Mitte September 1943 ins westlich von Eastbourne gelegene Littlehampton übersiedelten. Der No. 3 Troop übernahm hier vom No. 12 Commando erstmals luft- und marinegestützte Aufklärungsaufgaben und wechselte von der allgemeinen Grund- in die spezifischere Einsatzausbildung, wofür ein auch kurzes, aber intensives Fallschirmsprungtraining bei Manchester absolviert wurde.
Mitte November 1943 wurde schließlich eine erste Einsatzgruppe unter Hilton-Jones persönlich nach Wimborne Minster im Südosten der Grafschaft Dorset verlegt, um an Operation Hardtack teilzunehmen, einer Reihe von Raids auf die Kanalinseln sowie die nordfranzösische und niederländische Küste. Deswegen war auch in Littlehampton Wert auf eine intensive Kletterausbildung – neben dem Gebrauch von gedämpften Waffen und Schießen bei Nacht – gelegt worden, da der Plan vorsah, dass die Soldaten per Fallschirm auf den Inseln landen, ihren Auftrag ausführen und sich danach über die Klippen hinunter zum Meer abseilen würden, um von einem wartenden Boot aufgenommen zu werden. Aufgrund schlechten Wetters und dem Umstand, dass der Einsatz nur in einer Dunkelperiode ohne Mond möglich war, warteten Hilton-Jones und seine Männer jedoch vergeblich auf den Startbefehl. Erst Ende Dezember 1943 machten sie sich erneut bereit, diesmal unterstützt von einer weiteren Gruppe unter dem mittlerweile zum Lieutenant beförderten George Lane, die ihre per Fallschirm abgesprungen Kameraden mit sogenannten Dories, kleine segel- und ruderbare Hilfsboote, auflesen sollte. Ob es allerdings diesmal an einer der zwischen 24. und 28. Dezember im Rahmen von Hardtack durchgeführten Raids mitwirkten, geht aus den verfügbaren Quellen nicht eindeutig hervor; zumindest war jedoch mit dem russischstämmigen Jack Jones alias Vladimir Kottka ein Angehöriger der Einheit mit dem französischen No. 1 Troop des No. 10 (Inter-Allied) Commando im Einsatz und wurde beim Versuch, den Strand von Gravelines zwischen Calais und Dünkirchen zu erkunden, gefangengenommen, nachdem das Schlauchboot des Teams nach einem Motorenausfall gesunken war.
Danach trainierte der No. 3 Troop ab Ende Februar 1944 für Operation Crossbow zur Lokalisierung und Ausschaltung deutscher Langstreckenwaffen vom Typ V1 und V2, wobei sich der Wiener Evelyn Fraser bei einem Unfall am Seven Sisters Cliff den Knöchel brach und wie der nach einem Absturz schwer verletzte gebürtige Berliner Peter Carson alias Peter Carlebach dauerhaft aus dem Trupp ausschied. Die Trainingsmühen und -opfer waren allerdings umsonst gewesen, denn die Teilnahme der Einheit an Crossbow – sie hätte bei Calais abspringen und die dortigen V1-Abschussrampen erkunden sollen – wurde ebenso wie Operation Coughdrop – die Sprengung eines U-Boot-Bunkers bei Lorient – abgesagt. So musste der Großteil des Trupps bis zum D-Day warten, bis er endlich zeigen konnte, was er von Hilton-Jones in den Körper und Geist fordernden Monaten in Wales, in Schottland und an der englischen Südküste gelernt hatte.